Neue Dummsätze

Ich darf keine Angst haben. Die Angst tötet den Geist. (Paul Atreides in "Dune")
Ich bin diszipliniert und organisiert. (Leonard in "Memento")
Ich bin ein guter Polizist. (Wallander bei Mankell)
Weitermachen, weitermachen, nicht nach einem Sinn suchen. (Edith bei Patricia Highsmith)

Das sind Mantren. Also nicht im magischen Sinn, sondern Sätze von der Art, die man sich zur Lebensbewältigung vorsagt, am besten mehrmals am Tag.
Irgendwie sind es aber zugleich auch Dummsätze. Sonst würden sie nicht bei uns so gut als interne Familienwitze funktionieren. (Bis auf den letztgenannten, den habe ich als tragisches Beispiel hinzugesetzt.) Nebenbei bemerkt, "Dune" ist besonders reich an Dummsätzen, zum Beispiel finden bei uns auch die folgenden Anwendung:
"Allein durch meinen Willen befreit sich mein Geist."
"Sie beenden Ihr Leben im Schmerzverstärker."
"Ich habe das nicht gesagt, und ich war auch nicht hier."
"Mmmmmmmmm, Shai-hulud."

Aber am schönsten sind die Dummsätze, die man selbst geprägt hat, und von denen sind diejenigen am allerschönsten, die irgendwie wieder geistreich sind. Ein hinreißendes Beispiel: In Hünfeld gibt es einen Matratzenladen, der zur Zeit mit dem Slogan "Zwei Matratzen kaufen, eine bezahlen" wirbt. Groß und breit neben der Tür aufplakatiert. Im Vorbeifahren sagte meine Tochter in der ihr eigenen grüblerischen Art: "Kann man nicht nur eine kaufen und gar keine bezahlen?"


Vor zwei Tagen gelang mir, jawohl MIR!, eine Reihung von Dummsätzen, die unbedingt veröffentlich werden muss. Die schlägt schlechthin alles, ich sollte einen Physikpreis dafür bekommen.
Der Bordcomputer meines Autos zeigte beharrlich an: "Kühlmittel nachfüllen". Ich düste zur Tankstelle, tankte und fragte, ob Ewald vielleicht zu sprechen sei. Da kam er auch schon und besah sich die Meldung auf dem Display. Schlurfte in die Werkstatt zurück und kam alsbald mit einem Messgerät wieder.
Ich musste die Motorhaube öffnen. Darunter ist alles schwarz, nur vier Stellen sind gelb. Ich klärte Ewald auf: "Im Autohaus haben sie mir gesagt, die Stellen, an die ich drangehen darf, sind gelb, von allem anderen soll ich die Finger lassen!"
Gelb waren der Einfüllstutzen des Waschwassertanks, der Ölwanne, die Schutzkappen auf der Batterie und sonst noch was, ich weiß nicht mehr was. Ewald jedenfalls schraubte den Deckel vom Waschwassertank, hielt sein Messgerät hinein und verkündete: "Das ist auf 30 Grad minus ausgelegt, so kalt wird es schon nicht werden!" Mit einem Fingerschnippen hatte er eine blaue Gießkanne zur Hand, auf der in weißer Schrift "Wasser" stand, und füllte ein paar Schlückchen in den Waschwassertank. "So, und gut ist!"
Ich: "Wie jetzt?"
Ewald: "Machen Sie mal die Zündung an!"
Ich mache die Zündung an und das Display zeigt alle mögliche krude Info, schweigt aber vom Kühlmittel.
Ewald: "Sehnse, und gut ist!"
Ich: "Wie jetzt? Ich sollte doch Kühlmittel nachfüllen?"
Ewald: "Ja, und jetzt haben wir nachgefüllt!"
Ich: "Aber das ist doch bloß Wasser!"
Ewald: "Ja, aber wir kriegen doch keine dreißig Grad minus!"
Ich: "Was hat das denn damit zu tun??"
Ewald (verzweifelt)
Ich (schlage mir verstehend vors Vorderhaupt)
Ewald (verschwindet mit seiner Gießkanne)

Ich habe die Geschichte meiner Familie erzählt, als Beleg, dass ich nur versehentlich nicht blond bin. Erst Stunden später fiel mir folgendes auf:

Ich (verstehe immer noch nicht, wieso der Bordcomputer "Kühlmittel nachfüllen" anzeigt, wenn es in Wirklichkeit um Frostschutzmittel geht)
Ewald (hat seinen Feierabend verdient)
Ich (trinke einen auf Ewald)

Man hört ja dauernd, die Autoindustrie gehe auf dem Zahnfleisch, oder (passendere Metapher) rolle auf den Felgen. Vielleich hat das auch noch andere Gründe als bloß diese rätselhafte Finanzkrise, von der ich mich langsam frage, ob man uns die nicht bloß vorgaukelt, um irgendwas weit schwerer Wiegendes zu verschleiern.

Blubbern als Kunst!

brille

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"Es gibt in der geistigen Welt weitaus mehr Gnade, als sich der Mensch vorstellen kann."
(Meridian 2/2012)

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