Wider den Methodenzwang (mit Ewald)

Neues von Ewald (Achtung, Plärrtext!)

Ewald - das ist mein Nachbar, der mit dem Aufsitzmäher und dem Turbo-Hochdruckreiniger - also der Ewald bekam neulich ein Schreiben vom Finanzamt. Es ging darin um eine Änderung der Grundsteuer für sein Haus. Der Ewald hat in seinem Haus nämlich eine Einliegerwohnung im Untergeschoss eingebaut, eine richtige Wohnung mit 50 Quadratmetern Grundfläche, mit Küche, Bad und separatem Eingang. Er hat diese Wohnung sogar eine Weile vermietet gehabt. In den letzten drei Jahren allerdings nicht mehr, seit er mal einen Mietnomaden drin hatte. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden.
Solange Ewald einen Mieter hatte, hat er übrigens jeden Furz Investition in sein Grundstück und Haus anteilsmäßig von der Steuer abgesetzt. Das Rasenmäherbenzin, Düngemittel für seine Rosenbeete, Waschwasser zum Kärchern seines Eingangspodests und ein Hochleistungs-Ultraschall-Pfeifgerät, um fremde Katzen aus dem Hof zu scheuchen. Aber jetzt hat Ewald schon drei Jahre keine Mieter mehr. Seine Frau, die Ewaldine, benutzt die leerstehende Einliegerwohnung, um die Apfelernte zu lagern, und Ewald bunkert in der Einliegerküche seine Schallplattensammlung, John Fogerty und Eric Burdon und wie die alle heißen. Na ja, dazu könnte ich viel erzählen. Ein andermal.
Kommen wir zurück zur Grundsteuer! Ewald hat einen Brief vom Finanzamt gekriegt, dass seine Grundsteuer all die Jahre, seit das Haus steht, zu niedrig angesetzt wurde. Ewald hat nämlich ein Zweifamilienhaus angegeben und zweihundertachtzig Euro Grundsteuer bezahlt. Aber die separate Einliegerwohnung ist grundsteuerrechtlich gar keine richtig separate Wohnung, weil nämlich von der Wohnung aus ein Durchgang in Ewalds Kellerräume möglich ist. Da ist eine Tür, und die kann man abschließen. Es liegt bei Ewald, ob er seinem Mieter, wenn er denn einen hat, den Schlüssel zu dieser Durchgangstür gibt. Jedenfalls könnte dieser rein fiktive Mieter mit diesem Schlüssel hinten aus seiner Wohnung raus in Ewalds Waschküche und Fahrradraum gehen.
Der nette Mann auf dem Finanzamt (er heißt übrigens Nagel, Herr Nagel) hat das Ewald genau erklärt. Grundsteuerrechtlich hat eine separate Wohnung ein Viereck mit EINEM Loch zu sein. Hat das Viereck zwei Löcher, also eine separate Eingangstür und eine Durchgangstür zu Ewalds Keller, ist es keine separate Wohnung und kostet folglich dreihundert Euro mehr im Jahr. Ewald soll das zweite Loch zumachen, dann kann das Haus weiter als Zweifamilienhaus gelten.
Ewald hat also vor die Durchgangstür zu seinem Kellerraum eine Stellwand gemacht, aus Spanplatten, und sicherheitshalber einen alten Schrank davorgeschoben. In den Schrank hat die Ewaldine auch gleich zwanzig Gläser eingemachte Kirschen gestellt, damit es authentisch aussieht.
Dann ist der Bausachverständige gekommen, hat sich den Schrank und die Stellwand angeguckt und gesagt, dass der Durchgang nach wie vor existiert, nur hat Ewald halt einen Schrank davorgeschoben, und das gildet nicht. Das Zweitloch im Viereck muss ZU sein, richtig ZU.
Also bautechnisch ZU.
Ewald hat folgsam die Durchgangstür vermauert und nimmt seitdem in Kauf, dass er immer, wenn er mal John Fogerty hören will, außen rum ums Haus muss.
Aber leider hat das gar nichts gebracht. Denn Ewalds Einliegerwohnung hat eine Luke zur Doppelgarage. Keine Tür, wohlgemerkt, nur eine Luke, eigentlich nur eine Entlüftung aus der Küche raus in die Doppelgarage. Und von der Garage aus gibt es einen ganz schmalen geplätteten Aufgang in den Garten, und vom Garten aus gibt es eine Terrassentür in Ewalds Erdgeschoss. Der Bausachverständige hat diese Luke zur Garage übrigens ganz schnell gefunden. Er hat in der Einliegerwohnung ein Fenster aufgemacht und ist anschließend mit einer brennenden Kerze durch Ewalds Wohnzimmer gelaufen. Und als die Kerzenflamme flackerte, schloss er messerscharf, dass da irgendwo noch ein Durchgang in die Einliegerwohung sein müsse. Die Luke zur Garage. Die hat er dann gefunden, indem er einfach dem Luftzug nachging.
Ewald hat also auch die Luke vermauert, Mörtel war ja noch übrig. Aber das hat leider auch nichts gebracht. Denn gleich vorne neben dem separaten Eingang der Einliegerwohnung hat Ewald einen schönen kerzengeraden zwölf Meter hohen Baum, eine Säulenkirsche. Man muss diesen Baum gesehen haben. Im Frühling ist er wunderschön und blüht wie eine sanfte weißrosa Fontäne, aber im Herbst, wenn er die Blätter gefallen sind, sieht er aus wie eine Spitzbubenleiter. Und wenn der Mieter der Einliegerwohnung, der fiktive Mieter also, den es gar nicht gibt, wenn also dieser Mieter aus seiner Tür träte und in den Baum stiege, könnte über Ewalds Balkon in Ewalds Schlafzimmer. Großes Katastroph! Da geht es nicht mehr nur um John Fogerty, da sind ganz andere Dinge im Spiel in Ewalds Schlafzimmer, Hochleistungsgeräte, ich sage nur: Schwingschleifer! Elektrotacker! Motorkettensägen! Rohrpömpel! Aber das sind andere Geschichten, und sie werden alle, alle, alle ein anderes Mal erzählt werden!
Wie auch immer, Ewald hat aufgegeben. Ab sofort zahlt er nicht mehr zweihundertachtzig, sondern fünfhundertfünfundsiebzig Euro Grundsteuer im Jahr. Sogar rückwirkend ab Anfang dieses Jahres. Ob er noch vermietet, weiß ich nicht. Ich kenne ja einige Leute, die eine Wohnung suchen, aber bei Ewald halte ich mich lieber raus. Gestern abend haben wir zusammen ein Bier auf der Terrasse getrunken, da hat er mir anvertraut, dass er die Einliegerwohnung sicherheitshalber komplett zumachen wird. Er wird die separate Eingangstür auch noch zumauern. Von außen natürlich, nicht von innen. Von innen kann er ja nicht mehr rein, weil die Durchgangstür in den Keller schon zugemauert ist.
Ich werde John Fogerty vermissen!

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