Anprobieren
Neben mir wurden die Vorhangringe mit einem Ratsch über die Stange gezerrt. Da musste eine sehr energische Person eingezogen sein, oder eine, der Klamotten-Anprobieren ein Ärgernis ist. So eine wie ich. Ich nahm den ersten meiner vier Ringelpullis und linste kurz nach nebenan. Der Vorhang war zu, über der Stange hingen Bügel mit schwarzen Hosen.
„Erst die 38er“, sagte eine scharfe Frauenstimme. „Die sieht noch am besten aus.“
Ich hielt mir den Pulli an. Er reichte bis über die Hüfte. Nebenan erwiderte eine tiefe, brummelige Stimme: „Die Hose ist zu lang. Und vor allem zu eng.“
„Ich kann sie ja kürzer machen lassen.“
„Schon, aber nicht weiter. Du bist dicker geworden, mein Schatz.“
Selbst schuld, die Frau, wenn sie ihren Mann mit in die Kabine nahm. Ich zog mir den Ringelpulli über den Kopf und sah aus wie eine Tonne mit Beinen. Die Hände verschwanden in den Ringelärmeln.
Nebenan wurde ein Reißverschluss hochgezippt. Die Männerstimme: „Nun ja, die geht wenigstens zu. Aber von hinten, sei mir nicht böse, mein Schatz …“
Der Doppelspiegel zeigte mir mein eigenes Hinterteil. Vielleicht war ein richtig langer Pulli doch kein schlechter Kauf.
„Früher gefiel dir mein Hintern“, blaffte die Frauenstimme.
„Er gefällt mir immer noch, mein Schatz. Aber diese Hose … versuch doch lieber mal die hier, mit den Bundfalten.“
Ich hatte den Pulli inzwischen ausgezogen und griff mir den zweiten. „Du siehst auch nicht mehr aus wie in deiner Jugendblüte“, redete die Frau weiter. Es klang gepresst, als mühe sie sich gerade in eine neue Hose.
„Schwarz ist jedenfalls eine gute Wahl, das macht schlank“, brummelte der Mann. Du liebe Güte, der wollte es wirklich wissen! Was nicht schlank machte, waren Ringel. Der zweite Pulli legte einen Streifen Bauch bloß. Nicht die Art Bauch, die man gern herzeigt.
„Ich hätte mir bestimmt nicht freiwillig Schwarz ausgesucht!“, schnauzte die Frau zurück. „Diese Hose ist fürchterlich, nicht mal einen Knopf hat sie!“
„Das nennt man Hüfthosen, die bleiben durch Reibung oben! Und wegen mir brauchst du kein Schwarz zu tragen. Lass es doch einfach und zieh dich an wie immer!“
Ich hatte inzwischen den dritten Ringelpulli in der Hand, aber eigentlich keine Lust mehr, ihn anzuprobieren. Ich hielt ihn kurz vor mich – der Ausschnitt war doof – und zog ihn wieder über den Bügel. Der vierte war oberdoof – lila und weiß. Warum hatte ich den überhaupt mitgenommen?
„Ich muss bescheuert sein, dich zum Einkaufen mitzunehmen“, stieß die Frau hervor. Stoff rauschte – vermutlich pellte sie sich mit heftigen Bewegungen die Hose vom Leib. Ich verharrte regungslos, meine Ringelsammlung in der Hand.
Ratsch! Der Vorhang wurde zurückgerissen. Ich steckte den Kopf aus meiner Zelle und erhaschte gerade noch einen Blick auf die davonstöckelnde Person: schwarzes Kostüm, schwarze Strümpfe und Schuhe. Ihre Hosen hatte sie an der Vorhangstange hängen gelassen. Die Kabine war leer.
„Erst die 38er“, sagte eine scharfe Frauenstimme. „Die sieht noch am besten aus.“
Ich hielt mir den Pulli an. Er reichte bis über die Hüfte. Nebenan erwiderte eine tiefe, brummelige Stimme: „Die Hose ist zu lang. Und vor allem zu eng.“
„Ich kann sie ja kürzer machen lassen.“
„Schon, aber nicht weiter. Du bist dicker geworden, mein Schatz.“
Selbst schuld, die Frau, wenn sie ihren Mann mit in die Kabine nahm. Ich zog mir den Ringelpulli über den Kopf und sah aus wie eine Tonne mit Beinen. Die Hände verschwanden in den Ringelärmeln.
Nebenan wurde ein Reißverschluss hochgezippt. Die Männerstimme: „Nun ja, die geht wenigstens zu. Aber von hinten, sei mir nicht böse, mein Schatz …“
Der Doppelspiegel zeigte mir mein eigenes Hinterteil. Vielleicht war ein richtig langer Pulli doch kein schlechter Kauf.
„Früher gefiel dir mein Hintern“, blaffte die Frauenstimme.
„Er gefällt mir immer noch, mein Schatz. Aber diese Hose … versuch doch lieber mal die hier, mit den Bundfalten.“
Ich hatte den Pulli inzwischen ausgezogen und griff mir den zweiten. „Du siehst auch nicht mehr aus wie in deiner Jugendblüte“, redete die Frau weiter. Es klang gepresst, als mühe sie sich gerade in eine neue Hose.
„Schwarz ist jedenfalls eine gute Wahl, das macht schlank“, brummelte der Mann. Du liebe Güte, der wollte es wirklich wissen! Was nicht schlank machte, waren Ringel. Der zweite Pulli legte einen Streifen Bauch bloß. Nicht die Art Bauch, die man gern herzeigt.
„Ich hätte mir bestimmt nicht freiwillig Schwarz ausgesucht!“, schnauzte die Frau zurück. „Diese Hose ist fürchterlich, nicht mal einen Knopf hat sie!“
„Das nennt man Hüfthosen, die bleiben durch Reibung oben! Und wegen mir brauchst du kein Schwarz zu tragen. Lass es doch einfach und zieh dich an wie immer!“
Ich hatte inzwischen den dritten Ringelpulli in der Hand, aber eigentlich keine Lust mehr, ihn anzuprobieren. Ich hielt ihn kurz vor mich – der Ausschnitt war doof – und zog ihn wieder über den Bügel. Der vierte war oberdoof – lila und weiß. Warum hatte ich den überhaupt mitgenommen?
„Ich muss bescheuert sein, dich zum Einkaufen mitzunehmen“, stieß die Frau hervor. Stoff rauschte – vermutlich pellte sie sich mit heftigen Bewegungen die Hose vom Leib. Ich verharrte regungslos, meine Ringelsammlung in der Hand.
Ratsch! Der Vorhang wurde zurückgerissen. Ich steckte den Kopf aus meiner Zelle und erhaschte gerade noch einen Blick auf die davonstöckelnde Person: schwarzes Kostüm, schwarze Strümpfe und Schuhe. Ihre Hosen hatte sie an der Vorhangstange hängen gelassen. Die Kabine war leer.
schmollfisch - 4. Mär, 00:00