Was vom Hasen

Wenig freundlich stellt die "Welt" in diesem Artikel vom August 2002 fest: Der Dürer-Hase ziehe "die schlichten Gemüter an wie das Aas die Fliegen". Ich weiß nicht recht, wen dieses Statement mehr beleidigt - mich als "schlichtes Gemüt" oder den Hasen, der hier als Aas tituliert wird. Aber immerhin betont der Artikel sehr richtig, dass nach wie vor nicht geklärt werden konnte, warum jener Hase (der nach meiner privaten Hasenforschung* aus Hieronymus Boschs Atelier entwischte und in einem einzigen großen Hasensprung bei der großen Flut von Nürnberg ins Wasser fiel) dem Meister Dürer so geduldig Modell gesessen hat. Bei Bosch war er noch wesentlich renitenter. Vermutlich hatte Albrecht einfach mehr Hasenverständnis.
Das weitere Schicksal des Hasen konnte ich heute ermitteln. Auch in Dürers Atelier hielt es ihn nicht lange, so sehr es ihm geschmeichelt haben mag, dass Dürer ihn "Junger Feldhase" nannte, obwohl er in den Augen des Hasenkenners keineswegs eine jugendliche Physiognomie zeigt. Von Nürnberg aus wandte er sich alsbald wieder nach Norden und ward erneut gesichtet in einem kleinen Ort in der Nähe von Motten; da, wo gutes Rhönbier gebraut wird. Von Nürnberg bis nach Motten sind es auch nur 187 Kilometer - laut Google-Maps in der Kleinigkeit von 1 Stunde 48 Minuten zurückzulegen. Und so kam der Hase noch vor der Abenddämmerung an. Indessen hatte er inzwischen die Aufmerksamkeit einiger großer böser Hunde auf sich gezogen, von denen es in dieser Gegend etliche gibt (wie ich mich selbst bei einer Ortsbegehung heute nachmittag überzeugen konnte). Dieser schwermütig in die Landschaft ragende Felskloben lässt nichts Gutes ahnen:



Sieht das nicht aus wie ein Grabhügel? Beim Näherkommen wird es noch tragischer:



Was um Himmelswillen ist aus dem Hasen geworden? Eine Ersteigung des Grabhügels schafft Gewissheit und große Erleichterung. Dem staunenden Hasenforscher bietet sich folgendes Bild:



Dieser Spalt ist gerade breit genug für einen Hasen, aber nicht für einen großen bösen Hund. Der Hase rettete sich erneut mit einem riesigen Hasensprung hinab ins Biberbiotop und wurde von den Bibern vermutlich als Freund aufgenommen; auch Biber haben ja die hasentypischen vorstehenden großen Zähne. Und um keinerlei Zweifel aufkommen zu lassen, ist die Örtlichkeit von mir vorausgehenden Hasenforschergenerationen mit weißer Farbe gekennzeichnet:



Da, wo der rote Pfeil hinzeigt, befindet sich der oben abgebildete Spalt. Wer keine zwei Brillen hat, dem zeige ich die Kennzeichnung noch einmal groß:



Na geht doch! Weg ist der Hase. Und dass in Bad Brückenau selbst die Bäume um das Schicksal des Hasen klagen, soll uns nicht weiter bekümmern. Wir wissen es besser.
Hier als letztes ein Porträt eines solchen falsch informierten Baums.



Es war übrigens ein schöner Nachmittag und ich bin stolz, einen der versteckten Kraftorte der Rhön aus diesem Buch gefunden zu haben. (Die Autoren haben absichtlichtlich die Lage der Kraftorte nicht genau bezeichnet, damit sich dort nicht ständig Touristen drängeln. Heute habe nur ich mich dort mit drei anderen Leuten gedrängelt.)

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*) siehe frühere Beiträge zum Menüpunkt "Wo der Hase hinlief".

Blubbern als Kunst!

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