Tagesblupp: Wir verarzten Bücher
Freitag beginnt das neue Semester unserer Rhöner Literaturwerkstatt. Für mich das neunte, denn ich bin Gründungsmitglied. Oder Langzeitstudentin. Wie man es lieber nennen will.
"Operation Buch" lautet das neue Thema, und die Anweisung - die ich gerade per Mail bekam - lautet, dass man beim Treffen in der Kunststation Kleinsassen Handwerkszeug mitbringen möge: Papier und Pappe, Nadel und Faden, Schreibzeug natürlich. Keine Ahnung, was dahinter steckt. Die Heilung kranker Bücher? Ich habe ein total zerfallenes Exemplar eines D. H. Lawrence-Romans. Eine Loseblattsammlung. Den rettet auch Nähzeug nicht mehr. Trotzdem will er den Weg in den Kamin einfach nicht finden. Was manche Bücher brauchen, ist ein Navigationssystem. Ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden.
Binden ... ja richtig: Ich besitze auch Bücher, die wären besser nie geöffnet worden. Jedenfalls nicht von mir. Einige davon habe ich über Buchticket abgestoßen. Es gibt aber auch ein, zwei Kandidaten, die werde ich einfach nicht los. Zum Beispiel "Esau" von Philip Kerr ... ein unleserliches Buch. Vor zwei Jahren auf dem Flohmarkt wegen des hübschen Covers gekauft. Warum greifen wir nicht zu Nadel und Faden und nähen es einfach zu? Damit garantiert keiner mehr auf die Idee kommt, seine Zeit damit zu verplempern? Das Cover bleibt uns ja erhalten.
Als Kind habe ich so ziemlich alles gelesen; mit neun Jahren versuchte ich mich an Balzacs Tolldreisten Geschichten und verstand höchstens die Hälfte. (Was bitte ist ein "bildhübsches kleines Pfäfflein?") Als ich ungefähr dreizehn war, fand ich einmal eine dicke Schwarte versteckt hinter der altmodischen Uhr, die auf dem Bücherschrank postiert war. Die Uhr ging nicht und bewachte die Schwarte nur unzureichend. Ich las zwei Seiten - es war eine schwülstige Historie über die Borgia-Familie. Meine Eltern hatten das Buch vor mir versteckt. Tatsächlich. Ich glaube, es war das einzige Buch, das sie vor mir versteckten.
Inzwischen habe ich es natürlich gelesen und eine Weile war ich auch wirklich recht fasziniert von den Borgias und las alles, was über sie zu haben war. Schade, dass es damals noch kein Vatikanblog gab.
Soll ich dieses Buch nächsten Freitag mitnehmen und zunähen?
Nein. Auch wenn darin Sätze vorkommen wie "Dann trennten sich Körper und Seele".
Ich habe ein leeres Buch mit Fischen auf dem Deckel - das nehme ich mit. Vielleicht kann ich ein paar Zeilen Lyrik hinein operieren.
"Operation Buch" lautet das neue Thema, und die Anweisung - die ich gerade per Mail bekam - lautet, dass man beim Treffen in der Kunststation Kleinsassen Handwerkszeug mitbringen möge: Papier und Pappe, Nadel und Faden, Schreibzeug natürlich. Keine Ahnung, was dahinter steckt. Die Heilung kranker Bücher? Ich habe ein total zerfallenes Exemplar eines D. H. Lawrence-Romans. Eine Loseblattsammlung. Den rettet auch Nähzeug nicht mehr. Trotzdem will er den Weg in den Kamin einfach nicht finden. Was manche Bücher brauchen, ist ein Navigationssystem. Ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden.
Binden ... ja richtig: Ich besitze auch Bücher, die wären besser nie geöffnet worden. Jedenfalls nicht von mir. Einige davon habe ich über Buchticket abgestoßen. Es gibt aber auch ein, zwei Kandidaten, die werde ich einfach nicht los. Zum Beispiel "Esau" von Philip Kerr ... ein unleserliches Buch. Vor zwei Jahren auf dem Flohmarkt wegen des hübschen Covers gekauft. Warum greifen wir nicht zu Nadel und Faden und nähen es einfach zu? Damit garantiert keiner mehr auf die Idee kommt, seine Zeit damit zu verplempern? Das Cover bleibt uns ja erhalten.
Als Kind habe ich so ziemlich alles gelesen; mit neun Jahren versuchte ich mich an Balzacs Tolldreisten Geschichten und verstand höchstens die Hälfte. (Was bitte ist ein "bildhübsches kleines Pfäfflein?") Als ich ungefähr dreizehn war, fand ich einmal eine dicke Schwarte versteckt hinter der altmodischen Uhr, die auf dem Bücherschrank postiert war. Die Uhr ging nicht und bewachte die Schwarte nur unzureichend. Ich las zwei Seiten - es war eine schwülstige Historie über die Borgia-Familie. Meine Eltern hatten das Buch vor mir versteckt. Tatsächlich. Ich glaube, es war das einzige Buch, das sie vor mir versteckten.
Inzwischen habe ich es natürlich gelesen und eine Weile war ich auch wirklich recht fasziniert von den Borgias und las alles, was über sie zu haben war. Schade, dass es damals noch kein Vatikanblog gab.
Soll ich dieses Buch nächsten Freitag mitnehmen und zunähen?
Nein. Auch wenn darin Sätze vorkommen wie "Dann trennten sich Körper und Seele".
Ich habe ein leeres Buch mit Fischen auf dem Deckel - das nehme ich mit. Vielleicht kann ich ein paar Zeilen Lyrik hinein operieren.
schmollfisch - 6. Feb, 08:40