Penible Nachkommen
Den 27. Januar 1875 wurde mein lieber Sohn Hans Premier Lieutenant; lieber Herr du läßt uns eine Freude erleben an unseren Kindern. Es ist wieder einen großen Schritt vorwärts gethan, unsere Freude ist sehr groß.
Am 11. Februar 1875 wurde mein lieber Sohn Conrad Offizier. Wir haben uns sehr gefreut daß er sein erstes Ziel erreicht. Der Herr wird weiter helfen.
Im Oktober 1890 wurde mein lieber Sohn Johannes zum Major befördert. Er kam nach Lissia (?) Herr gib ihm auch deinen Segen.
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Vorstehende Notiz stelle ich dahin richtig: Ich wurde am 20. September 1890 Major im (?) Artillerie Rgt. Nr. 35. am 18. November 1890 Abteilungs-Kommandeur im (?) Artillerie Rgt. Nr. 20 in Lißia. Dresden 22.6.96 Hans
Johannes vulgo Hans hat sich nicht entblödet, mit echt preußischer Korrektheit in den Aufzeichnungen seiner Mutter herumzukritzeln: nicht im Oktober, nein, schon im September wurde er Major. Nota bene! Das sich zersetzende Büchlein physisch zu heilen, traue ich mir nicht zu, zumal es mir nicht gehört. Ich habe es, nachdem ich ihm noch ein Mittel gegen Holzwürmer und gegen Nasenbluten entlocken konnte, sorgfältig in einen Umschlag verpackt weggelegt bis zu unserer Ausstellung.
Bei der Gelegenheit habe ich zum Thema Bücherkonservierung mal wieder den Lichtenfels zu Rate gezogen, den ich vor Jahren mal für die Schreibbar rezensierte. Leider ging mit der Verhackstücke des Forums auch meine Rezension in den Datenhimmel ein, da ich das erste Gebot des Überlebens: DU SOLLST ALLE DATEN SICHERN nicht befolgt hatte. Na ja, es ging Wertvolleres verloren bei den verschiedenen Forentoden, die wir erleben durften ...
Meister Lichtenfels schreibt in seinem Lexikon des Überlebens unter dem Stichwort "Wissen, Konservierung von technologischem":
Sollte es, wie in dem von den Sehern beschriebenen Szenario, zu einem völligen Zusammenbruch der Zivilisation kommt (sic!), werden die Überlebenden vollauf mit Jagen, Sammeln und dem Aufbau einer Landwirtschaft beschäftigt sein. In vielen Bereichen ist dann das Aussterben technischen Wissens zu befürchten. (...) Die im Mittelalter und der frühen Neuzeit gängigen Technologien wären zwar durchführbar, sind heute aber kaum noch bekannt. Die Bücher, in denen dieses Wissen noch zu finden wäre, befinden sich vor allem in den Bibliotheken der großen Städte und würden mit diesen untergehen. Daher sollte jedermann für seinen persönlichen Arbeitsbereich (Bäcker, Landwirt, Zahnarzt, Frisör usw.) überlegen, wie diese Arbeiten und Tätigkeiten früher bewältigt wurden. Dazu gehört auch das Aufspüren und Sammeln alter Bücher mit Anleitungen, die man kopiert.
Bruca Clayton ist der Initiator des Leibowitz-Projekts, benannt nach dem Endzeit-Science-fiction-Roman "Lobgesang auf Leibowitz": Jeder Mensch soll drei Bücher konservieren und verstauen: Zwei Fachbücher, die er für seinen Beruf als besonders wichtig erachtet und ein belletristisches Buch, das ihm besonders gut gefällt.
Ich erspare uns die Stöckchenfrage "Welches Buch konserviert ihr?" (wer will, darf natürlich) und denke stattdessen darüber nach, welche Fachbücher wohl der Webdesigner, der Broker, der Eventmanager in den technologischen Stand des Spätmittelalters zu allgemeinem Nutz und Frommen mit sich führen werden. Ich für mein Teil würde zuallererst mal Wörterbücher für Chinesisch, Japanisch, Russisch und Holländisch mitnehmen, ein Buch über die Weinherstellung *hicks* und, ganz wichtig, ein Kartenspiel. Lichtenfels empfiehlt übrigens auch dringend, ein Musikinstrument wenigstens notdürftig zu lernen und Noten aufzuheben, denn in der Endzeit haben MP3-Player natürlich auch ausgedient.
Als Fußnote zu schmollfischs Hinterzimmer noch ein Zitat aus einem Handarbeitsbuch von 1913: Der geübtesten Spitzennäherin dürfte es jetzt kaum gelingen, eine alte kunstvolle point de venise-Spitze täuschend zu kopieren, weil sie die verschiedenen kunsttechnischen Kniffe nicht kennt, dere sich die Nadelkünstlerinnen aus damaliger Zeit bedienten. Es sei denn, daß die Technik wieder gepflegt würde, wodurch erst nach langer Übung gleichartige Kunstwerke entstehen könnten.
That's life. Den kümmerlichen Rest Fachwissen über Spitzennähen haben wir seit 1913 natürlich vollends eingebüßt. Dafür können wir jetzt webdesignen und eventmanagen.
Am 11. Februar 1875 wurde mein lieber Sohn Conrad Offizier. Wir haben uns sehr gefreut daß er sein erstes Ziel erreicht. Der Herr wird weiter helfen.
Im Oktober 1890 wurde mein lieber Sohn Johannes zum Major befördert. Er kam nach Lissia (?) Herr gib ihm auch deinen Segen.
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Vorstehende Notiz stelle ich dahin richtig: Ich wurde am 20. September 1890 Major im (?) Artillerie Rgt. Nr. 35. am 18. November 1890 Abteilungs-Kommandeur im (?) Artillerie Rgt. Nr. 20 in Lißia. Dresden 22.6.96 Hans
Johannes vulgo Hans hat sich nicht entblödet, mit echt preußischer Korrektheit in den Aufzeichnungen seiner Mutter herumzukritzeln: nicht im Oktober, nein, schon im September wurde er Major. Nota bene! Das sich zersetzende Büchlein physisch zu heilen, traue ich mir nicht zu, zumal es mir nicht gehört. Ich habe es, nachdem ich ihm noch ein Mittel gegen Holzwürmer und gegen Nasenbluten entlocken konnte, sorgfältig in einen Umschlag verpackt weggelegt bis zu unserer Ausstellung.
Bei der Gelegenheit habe ich zum Thema Bücherkonservierung mal wieder den Lichtenfels zu Rate gezogen, den ich vor Jahren mal für die Schreibbar rezensierte. Leider ging mit der Verhackstücke des Forums auch meine Rezension in den Datenhimmel ein, da ich das erste Gebot des Überlebens: DU SOLLST ALLE DATEN SICHERN nicht befolgt hatte. Na ja, es ging Wertvolleres verloren bei den verschiedenen Forentoden, die wir erleben durften ...
Meister Lichtenfels schreibt in seinem Lexikon des Überlebens unter dem Stichwort "Wissen, Konservierung von technologischem":
Sollte es, wie in dem von den Sehern beschriebenen Szenario, zu einem völligen Zusammenbruch der Zivilisation kommt (sic!), werden die Überlebenden vollauf mit Jagen, Sammeln und dem Aufbau einer Landwirtschaft beschäftigt sein. In vielen Bereichen ist dann das Aussterben technischen Wissens zu befürchten. (...) Die im Mittelalter und der frühen Neuzeit gängigen Technologien wären zwar durchführbar, sind heute aber kaum noch bekannt. Die Bücher, in denen dieses Wissen noch zu finden wäre, befinden sich vor allem in den Bibliotheken der großen Städte und würden mit diesen untergehen. Daher sollte jedermann für seinen persönlichen Arbeitsbereich (Bäcker, Landwirt, Zahnarzt, Frisör usw.) überlegen, wie diese Arbeiten und Tätigkeiten früher bewältigt wurden. Dazu gehört auch das Aufspüren und Sammeln alter Bücher mit Anleitungen, die man kopiert.
Bruca Clayton ist der Initiator des Leibowitz-Projekts, benannt nach dem Endzeit-Science-fiction-Roman "Lobgesang auf Leibowitz": Jeder Mensch soll drei Bücher konservieren und verstauen: Zwei Fachbücher, die er für seinen Beruf als besonders wichtig erachtet und ein belletristisches Buch, das ihm besonders gut gefällt.
Ich erspare uns die Stöckchenfrage "Welches Buch konserviert ihr?" (wer will, darf natürlich) und denke stattdessen darüber nach, welche Fachbücher wohl der Webdesigner, der Broker, der Eventmanager in den technologischen Stand des Spätmittelalters zu allgemeinem Nutz und Frommen mit sich führen werden. Ich für mein Teil würde zuallererst mal Wörterbücher für Chinesisch, Japanisch, Russisch und Holländisch mitnehmen, ein Buch über die Weinherstellung *hicks* und, ganz wichtig, ein Kartenspiel. Lichtenfels empfiehlt übrigens auch dringend, ein Musikinstrument wenigstens notdürftig zu lernen und Noten aufzuheben, denn in der Endzeit haben MP3-Player natürlich auch ausgedient.
Als Fußnote zu schmollfischs Hinterzimmer noch ein Zitat aus einem Handarbeitsbuch von 1913: Der geübtesten Spitzennäherin dürfte es jetzt kaum gelingen, eine alte kunstvolle point de venise-Spitze täuschend zu kopieren, weil sie die verschiedenen kunsttechnischen Kniffe nicht kennt, dere sich die Nadelkünstlerinnen aus damaliger Zeit bedienten. Es sei denn, daß die Technik wieder gepflegt würde, wodurch erst nach langer Übung gleichartige Kunstwerke entstehen könnten.
That's life. Den kümmerlichen Rest Fachwissen über Spitzennähen haben wir seit 1913 natürlich vollends eingebüßt. Dafür können wir jetzt webdesignen und eventmanagen.
schmollfisch - 12. Feb, 22:21