Same procedure as every year ..
Thema des Monats Januar: die guten Vorsätze.
Meiner Autorenkollegin Mallory fiel dazu im Januar letzten Jahres auch etwas ein. Wie es mit ihr im Januar dieses Jahres steht, entzieht sich meiner Kenntnis: Sie schreibt mir schon seit Monaten nicht mehr.
Was wohl aus ihr geworden ist? Ich sollte mal nachfragen.
... zu ihrer Linken
Die blaue Stunde, zehn Uhr abends. Sie sitzt vor ihrem Notebook, ein Glas Rotwein zu ihrer Linken, und klickt sich durch die Seiten.
Zuerst das Büchertauschforum. Interessant, ein neues Buch über Van Gogh. Soll sie es anfordern? Rasch schaut sie in der Suchmaschine nach und findet mehrere Verrisse. Das Buch scheint nichts zu taugen, schlecht recherchiert. Trotzdem sucht sie eine Leseprobe und vertieft sich hinein. Nein, das ist nichts. Vielleicht findet sie bei Ebay etwas Besseres? Sie sucht die Büchershops ab. Eigentlich will sie ja gar kein Buch.
Früher mal hat sie in den Abendstunden Geschichten verfasst. Damals hatte sie noch eine kleine elektrische Schreibmaschine und schrieb jede Menge Papier voll, und auch das volle Rotweinglas zu ihrer Linken fehlte nicht. Später benutzte sie den PC ihres Mannes. Aber der ließ kurz darauf einen DSL-Anschluss legen und saß von da ab selbst stundenlang am Rechner. Für seine Frau kaufte er ein gebrauchtes Laptop ohne Internetzugang. Toll. Sie schrieb weiter abends ihre Geschichten, ein Glas Rotwein zu ihrer Linken.
Zwei Jahre später bekam sie ein internetfähiges Notebook zum Geburtstag, das neueste Modell. Sie hat darauf Ordner eingerichtet für Geschichten, Gedichte, angefangene Geschichten, Stoffsammlungen, Recherche ... Auf dem Notebook herrscht mustergültige Ordnung. Aber sie schreibt nicht mehr.
Statt dessen schnuppert sie ins Büchertauschforum, in die Ebay-Büchershops, in Wikipedia, wenn etwas ihr zielloses Interesse reizt. Zwischendurch spielt sie Online-Spiele und grast die Schreibforen ab, die sie in ihrer Favoritenliste gespeichert hat. Meine Güte, schreiben die Leute einen Schrott. Sie loggt sich ein und gibt ein paar giftige Kommentare. Eigentlich wollte sie heute selbst an ihren Texten arbeiten. Sie gießt Rotwein nach und macht alle Seiten zu. Nur noch rasch die Mails kontrolliert - da hat schon jemand geantwortet auf eines ihrer hämischen Posts. Sie öffnet die Seite und verfasst eine Erwiderung, die sich gewaschen hat. Eigentlich wollte sie ja eine Geschichte schreiben. In der Rotweinflasche ist noch ein Rest. Ganz unten in der Favoritenliste das neue kleine Schreibforum, das hat sie noch nicht angesehen. Soll sie noch hineinschauen oder jetzt endlich schreiben? Und worüber? Sie hat kein Thema, keine Idee.
Sie öffnet das kleine Schreibforum, schaut die aktuelle Schreibaufgabe an. "Thema des Monats: Gute Vorsätze!" heißt es da.
Sie schließt alle Browserfenster, versteckt die leere Weinflasche und beginnt zu schreiben.
© Mallory (nach Diktat verreist)
ps. vom Schmollfisch:
Da sich Mallory nach Posten dieses Beitrags in dem kleinen Schreibforum der Kritik ausgesetzt sah, die blaue Stunde sei wann auch immer, jedenfalls nicht zehn Uhr abends, sei noch betont, dass der Text im Sommer geschrieben wurde.
pps. Die schönste blaue Stunde, die der Schmollfisch je erlebte, war um zehn Uhr abends in Salamanca.
Meiner Autorenkollegin Mallory fiel dazu im Januar letzten Jahres auch etwas ein. Wie es mit ihr im Januar dieses Jahres steht, entzieht sich meiner Kenntnis: Sie schreibt mir schon seit Monaten nicht mehr.
Was wohl aus ihr geworden ist? Ich sollte mal nachfragen.
... zu ihrer Linken
Die blaue Stunde, zehn Uhr abends. Sie sitzt vor ihrem Notebook, ein Glas Rotwein zu ihrer Linken, und klickt sich durch die Seiten.
Zuerst das Büchertauschforum. Interessant, ein neues Buch über Van Gogh. Soll sie es anfordern? Rasch schaut sie in der Suchmaschine nach und findet mehrere Verrisse. Das Buch scheint nichts zu taugen, schlecht recherchiert. Trotzdem sucht sie eine Leseprobe und vertieft sich hinein. Nein, das ist nichts. Vielleicht findet sie bei Ebay etwas Besseres? Sie sucht die Büchershops ab. Eigentlich will sie ja gar kein Buch.
Früher mal hat sie in den Abendstunden Geschichten verfasst. Damals hatte sie noch eine kleine elektrische Schreibmaschine und schrieb jede Menge Papier voll, und auch das volle Rotweinglas zu ihrer Linken fehlte nicht. Später benutzte sie den PC ihres Mannes. Aber der ließ kurz darauf einen DSL-Anschluss legen und saß von da ab selbst stundenlang am Rechner. Für seine Frau kaufte er ein gebrauchtes Laptop ohne Internetzugang. Toll. Sie schrieb weiter abends ihre Geschichten, ein Glas Rotwein zu ihrer Linken.
Zwei Jahre später bekam sie ein internetfähiges Notebook zum Geburtstag, das neueste Modell. Sie hat darauf Ordner eingerichtet für Geschichten, Gedichte, angefangene Geschichten, Stoffsammlungen, Recherche ... Auf dem Notebook herrscht mustergültige Ordnung. Aber sie schreibt nicht mehr.
Statt dessen schnuppert sie ins Büchertauschforum, in die Ebay-Büchershops, in Wikipedia, wenn etwas ihr zielloses Interesse reizt. Zwischendurch spielt sie Online-Spiele und grast die Schreibforen ab, die sie in ihrer Favoritenliste gespeichert hat. Meine Güte, schreiben die Leute einen Schrott. Sie loggt sich ein und gibt ein paar giftige Kommentare. Eigentlich wollte sie heute selbst an ihren Texten arbeiten. Sie gießt Rotwein nach und macht alle Seiten zu. Nur noch rasch die Mails kontrolliert - da hat schon jemand geantwortet auf eines ihrer hämischen Posts. Sie öffnet die Seite und verfasst eine Erwiderung, die sich gewaschen hat. Eigentlich wollte sie ja eine Geschichte schreiben. In der Rotweinflasche ist noch ein Rest. Ganz unten in der Favoritenliste das neue kleine Schreibforum, das hat sie noch nicht angesehen. Soll sie noch hineinschauen oder jetzt endlich schreiben? Und worüber? Sie hat kein Thema, keine Idee.
Sie öffnet das kleine Schreibforum, schaut die aktuelle Schreibaufgabe an. "Thema des Monats: Gute Vorsätze!" heißt es da.
Sie schließt alle Browserfenster, versteckt die leere Weinflasche und beginnt zu schreiben.
© Mallory (nach Diktat verreist)
ps. vom Schmollfisch:
Da sich Mallory nach Posten dieses Beitrags in dem kleinen Schreibforum der Kritik ausgesetzt sah, die blaue Stunde sei wann auch immer, jedenfalls nicht zehn Uhr abends, sei noch betont, dass der Text im Sommer geschrieben wurde.
pps. Die schönste blaue Stunde, die der Schmollfisch je erlebte, war um zehn Uhr abends in Salamanca.
schmollfisch - 19. Jan, 09:02