Der kleine Bruder
Wenn ich die Haustür öffne oder das Garagentor, ist der Kater da. Er gehört nicht mir, sondern irgendwem in der Nachbarschaft.
Er ist klein; wahrscheinlich irgendwann im späten Frühjahr geboren. Im Sommer wirkte er immer sehr zart und zerbrechlich. Er drückte sich durch den Türspalt und gab krächzende Laute von sich, als müsse er das Maunzen erst noch lernen. Ich gab ihm alles mögliche zu fressen, weil er aussah, als hätte er überhaupt keine Substanz.
Später erfuhr ich, dass er es in der ganzen Nachbarschaft ringsum ebenso trieb. Im Herbst war ich zwei Wochen verreist. Als ich zurückkam, war er doppelt so groß geworden. Noch immer nicht das, was man einen ausgewachsenen Kater nennen könnte, aber kräftig und selbstbewusst. Wenn ich draußen Holz für den Kamin hole oder die Briefe aus dem Briefkasten, kommt er ganz selbstverständlich mit herein. Manchmal habe ich keine Lust auf Kater und schließe die Tür vor seiner Nase. Fünf Minuten später öffne ich sie wieder, weil es mir leid tut, ihn abgewiesen zu haben. Dann kommt er ganz selbstverständlich hereinstolziert. Er hat in aller Ruhe neben der Tür gewartet; er weiß, dass ich sie früher oder später für ihn aufmachen werde.
Er begibt sich in die Küche und bleibt vor dem Kühlschrank stehen.
Manchmal möchte ich ihm lieber nichts geben, weil ich weiß, dass er sich in der ganzen Nachbarschaft durchfrisst. Ich gehe nach nebenan und setze mich vor den Schreibtisch, um zu arbeiten. Er bleibt vor dem Kühlschrank sitzen. Ich vor dem Schreibtisch, er vor dem Kühlschrank. Er weiß, wer zuerst aufgibt. Immer ich.
Wenn er gefressen hat, möchte ich ihn auf den Schoß nehmen und mit ihm kuscheln. Er schnurrt so laut, dass sein ganzer Körper zittert. Ich halte ihn fest und kraule seine Ohren, streichle die vibrierende Kehle. Er reckt den Kopf nach hinten; das grüne Licht in seinen Augen wird schmäler und erlischt beinahe ganz; er streckt die Beine und fährt alle Krallen aus. Dann beginnt er ganz leise zu knurren. Das ist der erste Signal, dass seine Geduld ausgeht. Wenn ich ihn nicht sofort loslasse, schlägt er Krallen und Zähne in meine Hand. Es tut nicht wirklich weh; er meint es nicht ernst. Aber ich muss ihn loslassen. Dann will er auf der Stelle wieder hinaus.
Ich weiß, dass er anschließend bei einem meiner Nachbarn das gleiche Spiel spielt. Links, rechts, oben, unten, es ist überall das gleiche.
Manchmal frage ich mich, ob er mich überleben wird.
Er ist klein; wahrscheinlich irgendwann im späten Frühjahr geboren. Im Sommer wirkte er immer sehr zart und zerbrechlich. Er drückte sich durch den Türspalt und gab krächzende Laute von sich, als müsse er das Maunzen erst noch lernen. Ich gab ihm alles mögliche zu fressen, weil er aussah, als hätte er überhaupt keine Substanz.
Später erfuhr ich, dass er es in der ganzen Nachbarschaft ringsum ebenso trieb. Im Herbst war ich zwei Wochen verreist. Als ich zurückkam, war er doppelt so groß geworden. Noch immer nicht das, was man einen ausgewachsenen Kater nennen könnte, aber kräftig und selbstbewusst. Wenn ich draußen Holz für den Kamin hole oder die Briefe aus dem Briefkasten, kommt er ganz selbstverständlich mit herein. Manchmal habe ich keine Lust auf Kater und schließe die Tür vor seiner Nase. Fünf Minuten später öffne ich sie wieder, weil es mir leid tut, ihn abgewiesen zu haben. Dann kommt er ganz selbstverständlich hereinstolziert. Er hat in aller Ruhe neben der Tür gewartet; er weiß, dass ich sie früher oder später für ihn aufmachen werde.
Er begibt sich in die Küche und bleibt vor dem Kühlschrank stehen.
Manchmal möchte ich ihm lieber nichts geben, weil ich weiß, dass er sich in der ganzen Nachbarschaft durchfrisst. Ich gehe nach nebenan und setze mich vor den Schreibtisch, um zu arbeiten. Er bleibt vor dem Kühlschrank sitzen. Ich vor dem Schreibtisch, er vor dem Kühlschrank. Er weiß, wer zuerst aufgibt. Immer ich.
Wenn er gefressen hat, möchte ich ihn auf den Schoß nehmen und mit ihm kuscheln. Er schnurrt so laut, dass sein ganzer Körper zittert. Ich halte ihn fest und kraule seine Ohren, streichle die vibrierende Kehle. Er reckt den Kopf nach hinten; das grüne Licht in seinen Augen wird schmäler und erlischt beinahe ganz; er streckt die Beine und fährt alle Krallen aus. Dann beginnt er ganz leise zu knurren. Das ist der erste Signal, dass seine Geduld ausgeht. Wenn ich ihn nicht sofort loslasse, schlägt er Krallen und Zähne in meine Hand. Es tut nicht wirklich weh; er meint es nicht ernst. Aber ich muss ihn loslassen. Dann will er auf der Stelle wieder hinaus.
Ich weiß, dass er anschließend bei einem meiner Nachbarn das gleiche Spiel spielt. Links, rechts, oben, unten, es ist überall das gleiche.
Manchmal frage ich mich, ob er mich überleben wird.
schmollfisch - 20. Nov, 23:14