Modeste, Reitpferd, Nachschlag

Die gestrigen Überlegungen zu der Frage, wie viele Reitpferde Frau Modeste ihr eigen nennt, sind, wie dem Fisch inzwischen klar geworden ist, nicht unbedingt logisch. Man kann einen Wintermantel besitzen, ohne einen Sommermantel zu haben; man kann sogar einen Apfelschimmel im Stall stehen haben, ohne dass ein Birnenfuchs daneben stünde oder ein Blauschimmelkäse daneben läge. Halten wir also fest: Modestes Sommerrappe heißt nicht deshalb so, weil sie ihn sommers reitet, während ab November der Winterrappe Dienst hat. Sondern, wie hier nachzulesen ist, der Sommer- und der Winterrappe sind nicht richtig schwarz, sondern je nach Jahreszeit auch mal braun.

Eigenartigerweise schweigt sich die Quelle darüber aus, wann welcher Rappe schwarz ist und wann braun. Es kann doch wohl nicht sein, dass der Sommerrappe im Sommer schwarz ist, dank der intensiven Wintersonne aber winters ausbleicht? Schon wieder dräut die Logik am Horizont. Wie dem auch sei, Blaustrumpf, die dem Fisch die obige Quelle verlinkt hat, lenkte die Aufmerksamkeit des Fischs auf folgenden Gesichtspunkt: Ist Modestes Rappe folglich nicht lichtecht? Achtung - kann je nach Jahreszeit ausbleichen! Nicht mit anderen Farben zusammen waschen! Ein Schuss Essig in den letzten Spülgang bringt einen Teil der Leuchtkraft zurück! Modeste reitet eine Billigzosse vom Discounter, womöglich Import aus Hongkong! Herr zur Megede hat diese Person nicht so richtig ausreifen lassen.

Das ist aber nicht der einzige Vorwurf, den ich ihm mache, und damit kommen wir mal wieder zur Literaturkritik. Die Beschäftigung mit landwirtschaft- und jagdlichen Belangen gebiert ja eine überlegene Ausstrahlung, die aus der Sicht des Laien manche Unterhaltung erschwert, weil es Ausdrücke hagelt, die man noch nie gehört hat. Das sei den Fachleuten von Herzen gegönnt; es hat ja jeder seine Nische und macht es sich da drin behaglich. Warum muss sich aber diese Grundhaltung bis in die literarischen Früchte der fachkundigen Autoren fortsetzen? Ich will jetzt gar nicht wieder Herrn zur Megede niedermachen, der hat im letzten Eintrag genug einstecken müssen. Nehmen wir statt dessen William v. Simpson, der in den 1930er Jahren die Familienschmonzette "Die Barrings" schrieb, die damals ein Bestseller gewesen sein muss (meine geerbte Ausgabe entstammt dem 390. Tausend!!). Simpson war, wie Wikipedia uns belehrt, der Sohn eines Pferdezüchters, wovon er sich offenbar nicht mehr vollständig erholt hat; jedenfalls ventiliert er Sätze wie diesen: "Unter den Remonten hatte die Druse furchtbar gewütet." Wer will und Google zur Hand hat, mag herausfinden, dass Remonten dreijährige Pferde sind, aber das konnte Simpson ja schlecht voraussetzen - 1937 gab es noch kein Google! Die Druse, schließt der Fisch messerscharf (schon wieder logisches Denken), muss eine Pferdekrankheit sein, und zwar eine schlimme, da sie "wütet". Zwei Seiten später wird dem Fisch auch klar, was für eine Krankheit die Druse ist: Sie befällt die Beine der Pferde. Da beschreibt Simpson nämlich eine Massenpanik unter achtzig Remonten mit den Worten: "Dreihundert Hufe donnerten auf Barring zu" - was bedeutet, dass unter den achtzig Remonten zwanzig dreibeinige Pferde gewesen sein müssen, oder zehn zweibeinige, oder fünf beinlose Pferde, die den anderen fünfundsiebzig auf dem Bauch hinterherrutschen. Ja. Da muss die Druse wirklich furchtbar gewütet haben. Abfallende Pferdebeine! O Horror!

Ich schwöre, wenn mein Spinnkrimi jemals fertig ist, dann werde ich jeden einzelnen Gegenstand, den ich mit einem Fachausdruck belege, genau erklären. Ich werde sogar erklären, woher die Doppelbedeutung des Wortes "spinnen" kommen könnte. Man hat nämlich früher in den Irrenhäusern die Irren spinnen lassen, damit sie zu etwas nützlich waren. Vermutlich gehören wir Spinnerinnen zu den Nachfahren derjenigen, die man irgendwann hat laufen lassen, weil sie harmlos waren.

Blubbern als Kunst!

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