Es geht bergab!
Ich sammle Wasserfälle. Sie müssen weder besonders breit noch hoch sein, aber jedenfalls mindestens doppelt so hoch und breit wie ich. Am liebsten mag ich die Sorte, die man auf Korsika „Piscia di Ghjaddu“, Hahnenpiss, nennt. Es gibt stahlharte Leute, die sich unter einen solchen Wasserfall stellen und sich fotografieren lassen. Habe ich früher auch gemacht. Heute schaue ich lieber in die Höhe und suche mir einen einzelnen Tropfen in der Wasserflut aus. Wenn er Glück hat (oder Pech), sprüht er weit über die Absturzkante hinaus und trudelt in einem atemberaubenden Regenbogen in den Gumpen hinab, um sich dort, wahrscheinlich außer Atem und verblödet vor Stress und Seligkeit, mit seinen Tropfenkumpanen zu vereinigen. Ich stelle mir vor, wie alle durcheinanderschnattern und jeder Tropfen unbedingt erzählen will, was er Tolles erlebt hat.
Aber es gibt auch die anderen, die gleich von Anfang an auf Seitenwege ausweichen. Sich ein behutsam niedergehendes Rinnsal am Rand suchen, durch Moos rieseln, Blätter benässen, vielleicht sogar ganz stehen bleiben, um als Vogeltränke oder Übungsplatz für Wasserläufer zu dienen. Ich schaue mir das gern an und denke nach, ob sich jeder Tropfen seinen Weg wählen darf, oder ob eine barmherzige Hand von oben vorher jedem Tropfen das zuteilt, was er verkraften kann. Vielleicht gibt es auch so etwas wie einen Tropfenmythos. „Hier links, wenn du Mumm hast“, mögen sie einander zuraunen, und „du bist zu sensibel für die Mitte, geh lieber rechtsrum, da ist es besser für dich“. Sicher bin ich jedenfalls, dass jeder Tropfen den Weg nur einmal gehen darf. Nur eine Gelegenheit. Wer ganz feige ist, bleibt in einer Pfütze oberhalb des Wasserfalls stehen und fragt sich, ob er eigentlich etwas verpasst hat oder nicht, bis ihn die Sonne aufgeleckt hat; oder bis ein Wanderer seinen Zigarettenstummel hineinwirft, so dass das Tümpelchen mit einer kleinen Wolke verzischt: Aus. Nie gestürzt.
Powerscourt, Wicklow (Irland)
Aber es gibt auch die anderen, die gleich von Anfang an auf Seitenwege ausweichen. Sich ein behutsam niedergehendes Rinnsal am Rand suchen, durch Moos rieseln, Blätter benässen, vielleicht sogar ganz stehen bleiben, um als Vogeltränke oder Übungsplatz für Wasserläufer zu dienen. Ich schaue mir das gern an und denke nach, ob sich jeder Tropfen seinen Weg wählen darf, oder ob eine barmherzige Hand von oben vorher jedem Tropfen das zuteilt, was er verkraften kann. Vielleicht gibt es auch so etwas wie einen Tropfenmythos. „Hier links, wenn du Mumm hast“, mögen sie einander zuraunen, und „du bist zu sensibel für die Mitte, geh lieber rechtsrum, da ist es besser für dich“. Sicher bin ich jedenfalls, dass jeder Tropfen den Weg nur einmal gehen darf. Nur eine Gelegenheit. Wer ganz feige ist, bleibt in einer Pfütze oberhalb des Wasserfalls stehen und fragt sich, ob er eigentlich etwas verpasst hat oder nicht, bis ihn die Sonne aufgeleckt hat; oder bis ein Wanderer seinen Zigarettenstummel hineinwirft, so dass das Tümpelchen mit einer kleinen Wolke verzischt: Aus. Nie gestürzt.
Powerscourt, Wicklow (Irland)
schmollfisch - 11. Mär, 22:29