Schlüsselerlebnisse

Eine der harmloseren Illusionen, die sich bis ins hohe Alter halten können, ist der Glaube, was in Romanen steht, gebe irgendwie das wahre Leben wieder. Natürlich kann dieser Glaube direkt in seelische Abgründe führen (wenn man Emmy Bovary heißt, zum Beispiel), er kann aber auch einiges erleichtern. Ich hatte als Sechzehn- oder Siebzehnjährige ein Buch, das "Atemübungen" hieß, ein Roman von Anne Tyler. Worum es genau ging, weiß ich nicht mehr, aber es gab darin eine Passage, die mir eine Welt eröffnet hat. Ein Ehepaar um die Vierzig unternahm eine Autofahrt auf einem dieser amerikanischen Highways, die man manchmal im Film sieht, die -zig Kilometer weit geradeaus durch Steppe und Wüste führen und keinerlei bewohntes Gebiet streifen - mit anderen Worten, eine wahre Höllenstrecke. Auf dieser Strecke geriet das Ehepaar in Streit. Es war keine besondere Meinungsverschiedenheit, es ging nicht um Ehebruch oder Spielschulden, sondern um ein eigentlich recht belangloses Geplänkel. Das aber darin gipfelte, dass die Ehefrau (natürlich saß der Mann am Steuer) plötzlich verlangte: "Halt an, ich steige aus!"

Gehorsam hielt der Mann an, die Frau stieg aus und ging am Straßenrand zu Fuß weiter. Wohlgemerkt, das spielte sich in einem wüstengleichen Gebiet ab.

Ich weiß nicht mehr, wie es weiterging. Vermutlich kam der Mann irgendwann zurück, hielt wortlos die Tür auf, und die Frau stieg wortlos ein, und irgendwann haben sie sich dann wohl wieder vertragen. Mein Leseerlebnis bestand darin, dass ich eine wunderbaren wohligwarme Erleichterung empfand, als ich das als Teenager las. Verdammich, ich musste ja gar nicht erwachsen werden. Ich durfte unvernünftig, dumm und dickköpfig bleiben, andere taten es ja auch, bis in die Vierziger hinein.

Ein ähnliches Erlebnis hatte ich heute beim Lesen eines Romans von Leena Lehtolainen, einer finnischen Autorin. Im Mittelpunkt steht wieder ein Ehepaar, der Mann arbeitet in einem Labor, das u.a. Tierversuche durchführt, und zwar geht es um die Entwicklung eines Medikaments gegen Depressionen. Im Tagebuch des Mannes steht zu lesen:

"Als ich bei HC ankam, stand eine Menschentraube vor dem Labor. Zuerst begriff ich gar nicht, was los war. Eine Demonstration. Warum ausgerechnet jetzt, habe ich überlegt. Da brüllten sie mich plötzlich an. Ich habe gefragt, was sie eigentlich von mir wollten. Daraufhin haben sie gerufen, sie wüssten, dass ich Ratten quäle, indem ich sie in Depressionen treibe. Am liebsten hätte ich geantwortet, nur Pferden gibt man den Gnadenschuss, aber das hätten sie wohl nicht kapiert. Also habe ich gesagt, genau dasselbe tut man die ganze Zeit mit Menschen, und ebendas will ich ändern. Da flog der erste Salatkopf."

Der eigenartig naive Ton dieses Eintrags ist keine forcierte, auf den Anlass zugeschnittene Ausnahme. Er zieht sich durch das ganze Tagebuch. Der Mann schreibt so. (Seine Ehefrau übrigens ebenfalls.) Ich will nicht den Roman selbst kritisieren, gegen den ich übrigens keine größeren Einwände habe außer der etwas penetranten Erzählerin, offenbar ein alter ego von Frau Lehtolainen selbst, das aufgrund der Tagebücher eines Ehepaars eine Art Historie dieser Ehe konstruiert. Mir stößt nur der Ton dieser Tagebücher eigenartig auf. Wieso führt man überhaupt Tagebuch, wenn man es in dieser Form tut? Beide Ehepartner, Mann und Frau, haben, jedes für sich, in ihren Tagebüchern einen seltsam sturen, unbelehrbaren Blick auf die Welt. Lernresistent, um nicht zu sagen strunzdumm. Oder, könnte man auch sagen: frisch, unverbraucht, unbeeinflusst.

Die eigene Unfähigkeit, in irgendeiner Form dazuzulernen, zu hinterfragen und den Dingen auf den Grund zu gehen, erscheint bei dieser Lektüre verzeihlich. Deshalb ist sie so angenehm. Es gibt sogar dicke Romane, die genau diese menschliche Eigenschaft zum Thema haben, zum Beispiel Hans Bemmanns "Stein und Flöte", eines der Lieblingsbücher meiner Jugend. Der Held ist mit siebzig keinen Deut weiser als mit siebzehn. Die Biographie Henry VIII. Tudors, die ich gerade lese (1330 Seiten), weist in eine ähnliche Richtung.

So schlimm sind wir doch gar nicht. Es gibt Schlimmere.

Tintagel

Sie hat dem Hund das Gatter geöffnet, ohne darüber nachzudenken. Das Gatter unterbricht den Drahtzaun, der sich links und rechts durch die Klippen zieht. Es ist ein einfaches, etwas schief hängendes Tor aus Holzlatten. Man muss das ganze Tor anheben, um den Riegel in seinem Gehäuse zurückzuschieben. Der Hund schwänzelt hindurch und blickt sie auffordernd an. Es ist ein schwarzer Hund, etwa kniehoch, mit lockigem Fell und abgeknickten Ohren. Er rennt weiter auf dem Klippenpfad, ohne sich umzusehen. Sie schließt das Gatter wieder, mit Achselzucken und etwas angegriffenem Lachen. Jedes Gatter, belehrt der Reiseführer, ist so zu belassen, wie man es vorgefunden hat.

Etwa hundert Meter vor ihr bewegt sich eine Familie mit zwei Kindern vorwärts. Deutsche wie sie – schon in der Burgruine, Stunden vorher, ist sie ihnen begegnet. Und weit hinter ihr schleicht ein altes Ehepaar dahin mit Rucksäcken und Teleskopstöcken. Es sind Briten – auch das weiß sie, denn sie hat die beiden eine halbe Stunde zuvor überholt. Der schwarze Hund mit den Knickohren scheint zu keiner der beiden Gruppen zu gehören. Leichtfüßig rennt er ins Gebüsch, ohne Furcht, sich an den Dornen zu reißen. Er bleibt stehen, hebt ein Bein, macht flüchtig irgendwas (es kann nicht mehr sein als ein Spritzer) und rennt schon wieder los auf seinen unerforschlichen Pfaden. Hin und her, vor und zurück. Sie wandert weiter auf dem Klippenpfad dahin; mit jeder Kehre tut sich eine neue Aussicht auf, ein grelles Feuerwerk von frühlingshaftem Sonnenlicht auf dem Wasser, kohlschwarze Schlagschatten in den Senken, funkelnde Grasbüschel, die sich mal so und mal so herum wenden in den Wirbeln der Luft, am Himmel taumelnde Möwen. Wind braust um ihre Ohren. Der Hund legt die vierfache Strecke zurück, weil er immer vorwärts und rückwärts läuft. Er bewegt sich sternförmig in alle Richtungen, kehrt kurz zu ihr zurück und rennt wieder davon zu unbekanntem Ziel. Er muss doch jemandem gehören, sagt sie sich und hält Ausschau, ob der Hund irgendeine Menschengruppe oder einen einsamen Wanderer im Auge behält, sich vergewissert, wo seine Meister sich aufhalten; es gibt ja genug Wanderer hier. Aber der Hund kümmert sich um nichts. Auch um sie nicht wirklich. Sie ist lediglich der Mittelpunkt einer sehr weit gefassten Spirale, die der Hund beschreibt; er bewegt sich zwar mit ihr fort, spricht aber nicht mir ihr.

Sie öffnet und schließt ein weiteres Zaungatter, lässt den Hund dabei mit durch und beschließt bei dieser Gelegenheit, so zu tun, als sei es ihr Hund. Das ist so leicht. Ja, und es ist nett. In Gedanken nennt sie ihn „Artus“, spricht ihn aber vorsichtshalber nicht mit Namen an. Jedes Mal, wenn er sie im Vorbeirennen flüchtig streift mit seinem unermüdlichen Hin und Her, streicht sie mit der Hand über das krause Fell und sagt in Gedanken „Artus“. Auf der Höhe der Uferklippen scheucht er eine Herde Ponys auf, die erschreckt davongeloppieren. „Artus“, rutscht es ihr erstmals laut heraus, und lauter: „Artus, lass das!“, ein sinnloser Befehl; er gehorcht nicht. „Take your dog, please!“, ruft ein Wanderer hinter ihr. Sie ruft zurück: „He isn’t mine!“
Wer soll das glauben, nachdem sie ihn mit Namen angeredet hat?

Auf dem Rückweg überlegt sie, wie sie den Hund loswerden kann. Der Hund ist ganz selbstverständlich mit ihr umgekehrt. Er begleitet sie mit Abstand, kreiselt weit um sie herum wie ein Leibwächter. Wo gehört er hin? Er trägt ein Halsband, sieht nicht ungepflegt aus; irgendwer muss ihn doch wollen. Irgendwer. Sie öffnet und schließt die beiden Gatter und lässt beide Male den Hund durch; das zweite Gatter macht sie hinter ihm zu und wendet sich rückwärts über eine Brachwiese Richtung Hotel. Ha, ausgetrickst, denkt sie. Minuten später rennt der Hund an ihr vorbei. Er muss unter dem Gatter durchgekrochen sein und macht triumphierende Sprünge über die Wiese. Was soll sie tun? Die Hotelrezeption, denkt sie, oder der Tierarzt am Ort; sie wird nachfragen müssen, ihr Problem schildern. In Gedanken legt sie sich Sätze zurecht und verflucht ihr schlechtes Englisch. Who knows this dog? He isn’t mine. His name is Artus. No. I only imagined that. Mit einem Mal hat sie ihn aus den Augen verloren; er hat sich verflüchtigt in der Weite der Brachwiesen. Sie geht langsamer, aber er kommt nicht zurück. Das Tintagel Hotel, ein Klotz mit flatternden Fähnchen, begrüßt sie von weitem. Hunde sind dort verboten. Sie zockelt mit müden Füßen über die Auffahrt und schaut dabei ringsumher. Ein letztes Mal mit dem Türgriff in der Hand.

Graustufen III

Auf dem Ausflugsdampfer.
Mann: „Der Junior, der Willi, hot das ganze Fundament neu setze müsse …“
Frau: „Hier, nemm emo de Hund …“
Mann: „Jo, gib en her … da setz dich … also was ich sage wollt, de Kramer ist ja pleite gegange, netwahr, also hat der Willi das dann alles übernomme … und der hat runderum das ganze Fundament abgemeißelt, netwahr, und de Stoi komplett rausgehobe …“
Frau: „Willst’n Kaffe, da kommt de Kellnerin?“
Mann: „Needanke, jetzt liewer kein Kaffe … man kann die Buchstawe ja nochemol nemme, wenn man se sauber abkriegt, aber das geht ganz leicht, de Willi hot mir des gezeigt … du musst nur die Buchstawe mitm Bunsebrenner warm mache, oder so was ähnlichem, also du musst de Kleweschicht erwärme, dann gehn die Buchstawe sauber ab … de Willi hat de Stoi schö abgewasche, jetzt sieht er jedenfalls ganz blank aus, wie neu …“
Dampfer fährt auf den Donaudurchbruch zu. Lautsprecherstimme erklärt den Donaudurchbruch.
Einwurf von links: „Un was soll jetzt nacher draufsteh?“
Mann: „Weeß ich noch net so genau … aber ich mach mir da schon mei Gedanke, netwahr, das will ja alles gut überlegt sei …“
Stimme von links: „Die Buchstawe nimmste also jetzt alle widder?“
Mann: „Jo, wenn se basse … e paar neue werd ich dazu nemme müsse, ich weeß ja noch net genau, was druffstehe soll …“
Stimme von links: „Un willste dann de Stoi selwer wieder setze?“
Mann: „Wos jetz? Ach so, Witz jetz …“ (lacht) „Nee, ich setz de Stoi net selwer, dazu kommts noch … awwer ich hab schon mal nachgeguckt, wie des geht, es kann ja net schade, wenn man’s weiß, netwahr, ich werd das dem Jung dann später noch genau erklärn, und de Sack Ferdichbedon gibt’s bei Hornbach schon um die ans neununneunzig …"
Dampfer fährt auf die Anlegestelle zu. Lautsprecherstimme verabschiedet sich.

Schrottplatz.

Wer ein Haustier hat.: Übernimmt Verantwortung.: Bitte mach dir klar.: Dass das Haustier womöglich Jahre lang lebt.: Auch wenn du in Urlaub willst.: Auch wenn du krank bist.: Auch wenn es alt ist und eklig aussieht und stinkt … auch wenn … auch wenn DU alt bist und eklig aussiehst und stinkst. Das Haustier ÜBERLEBT dich womöglich. Am besten suchst du gleich einen neuen Pflegeplatz für den Fall deines plötzlichen Todes.

Oder wählst ein Haustier, das sich notfalls selbst versorgen kann. Zum Beispiel diese madegassische Fauchschabenzucht, ja. Kakakerlakaken. Drei Stück. Zwei Frauen und ein Mann. Hat man einen davon auf der Hand, machen sie sich ganz nett. Jedes Tier macht sich nett, wenn man es eine Weile auf der Hand hat. Sie fühlern in der Gegend herum, sie haben riesenlange Fühler, vermutlich weil sie nichts sehen. Sie cruisen in der Hand herum, solange die Fühler Finger und Handballen fühlern können; sobald sie keinen Widerstand mehr fühlern, sitzen sie still und posen. Aber alles schön langsam, weil es eigentlich zu kalt für sie ist. Unter achtundzwanzig Grad sind sie faul und poppen nicht, es gibt also auch keine Eipakete und keine Babyschaben.

Man kann ihnen was Gutes tun und frisches Obst und Eierschalen anbieten, man kann aber auch einfach seinen Abfall ins Glas werfen. Gregor Samsa ging ja auch als erstes an den vergammelten Käse, nachdem er Käfer geworden war.

Und das Gute ist: gehen sie kaputt, ist es auch wumpe. Ist ja bloß Ungeziefer. Andere Leute bestellen sich den Kammerjäger, wenn sie solches Gekrabbel in ihren vier Wänden haben. Alles eine Frage der Einstellung. Hat man das Krabbelzeugs irgendwann satt, kippt man das Glas aus und tritt alles in den Teppich. Bekanntermaßen legen die Krabbeldamen auf Trittreiz im Sterben noch schnell ein Eipaket ab. Aber unter achtundzwanzig Grad hat es damit auch keine Gefahr. Ideales Haustier, das.



Henry, Anna, Amalia. Im Vordergrund Anna oder Amalia, ich kann das noch nicht genau unterscheiden, aber ich arbeite dran.

Millen(n)ium

Beim Lesen eines alten Wallander-Krimis; einer von der Sorte, die in einem Zeitraum von fünfzehn Jahren etwa fünf Serienmörder in einer schwedischen Kleinstadt etablieren. (Ich umfahre diese Kleinstadt weiträumig, man weiß ja nie.)
:
Wie lange das her ist, diese Dramen alter Zeit. Die totale Sonnenfinsternis des alten Jahrtausends. Wir sind damals spontan nach Frankreich gefahren. Haben zur besten Zeit in den Himmel geschaut, mit Brillen auf. Ich erinnere mich an eine glasig-verblassende Helligkeit, plötzlich aufkommenden Wind; die Sonne tanzte am Himmel. Eine Minute in Gottes Goldfischglas. Wind und plötzliche Lautlosigkeit, als wäre jeder Laut im Luftstrom hinweg gerissen.
Die Katastrophe zur Jahrtausendwende ist dann auch nicht gekommen. Später spontane, ziemlich sinnlose Kapitalanlagen, weil der Euro im Sterben sei. Ist auch schon wieder vier Jahre her. Den Euro gibt es nach wie vor. Von zwanzig Sorgen, die wir uns im voraus machen, werden neunzehn nie zur bitteren Wahrheit, schreibt der Herr Ratgeber. Wir können uns eigentlich ganz beruhigt zurücklehnen.
Lasst Herkules tun, was er kann; die Katze wird miauen und der Hund wird seinen Lauf haben.
:
Herr Ratgeber verschweigt (oder gibt nicht zu), dass unsere schlimmste Bedrückung nicht aus der Sorge um die Zukunft entspringt, sondern aus den Orten der Vergangenheit, wo wir die Weichen falsch gestellt haben. Den Orten des Perfekts, wo wir hätten gewollt haben sollen. Eine glasig-verblassende Vergangenheit im Goldfischglas; ein Flossenschlag zuviel oder zuwenig; es wäre besser, wir hätten nichts getan. Uns auf unsere Hände gesetzt, den Kopf eingezogen; die Ohren verstopft, als wir den Ruf zu hören meinten.
:
(sowieso nur Einbildung.
Wir sollten uns an den Wind erinnern. Er sagt uns zu jeder Zeit, dass wir nicht gemeint sind.
(Wir sprechen Antworten, wenn die Fragen bereits lange verklungen sind.)
)

Treffen am Himmel

Der Krallenfrosch

"Das Seitenlinienorgan des Krallenfroschs besteht aus vielen Mechanorezeptoren, die die Strömungsänderung wahrnehmen. Dies ist notwendig, da in lichtarmen Gewässern keine Informationsaufnahme über Photorezeptoren möglich ist."

An diesem Sprachgebrauch erkennt man den wahren Nerd. Alle anderen haben geschrieben, dass der Krallenfrosch im trüben Wasser schlicht nichts sieht.

Und eine - sicher wird sie mal eine berühmte Schriftstellerin - schrieb statt Krallenfrosch "Knallfrosch". (Hätte ich auch gemacht.)

Zu Haus bei Tudors ...

Im Salon. Lord Suffolk und Lord Secretary Cromwell sitzen zusammen und plaudern. King Henry VIII. sitzt unbeachtet daneben und langweilt sich.

Suffolk: Mir tut alles weh.
Cromwell: Du darfst halt net so viel zappeln.
Suffolk: Ich zappel für den König.
Cromwell: Ich kann auch für den König arbeiten, wenn ich still sitz.
Suffolk (hohl, mit Rednerstimme): Der König!
Cromwell: Musst du das jetzt üben? Üb lieber Klavier.
Suffolk: Der König!
Cromwell: Ich rede mehr um die Ecke. Das ist Diplomatie.
Suffolk: Wie lernt man so was?
Cromwell: Das muss man können. Diplomatie. Wenn man für den letzten Arsch arbeitet –
Henry: Hallo?!
Cromwell: - dann ist das nützlich. Ich bin bei Facebook in einer Gruppe, die heißt: Nicken … Lächeln … und Arschloch denken!
Henry ist entrüstet.
Suffolk (übt weiter): Der König! Hat euch in seiner unendlichen Gnade!
Cromwell: Die Borgias sind irgendwie net so spannend. Da fehlt so einer wie der Henry.
Henry: Genau!
Suffolk (übt): Der König! Hat euch in seiner unendlichen Gnade! Eine Amnestie gewährt! Ihr werdet net verbrannt!
Cromwell (sinniert): Aber … was bei uns fehlt, das ist so einer wie Lucrezias Ehemann.
Suffolk (übt): Ihr werdet diesmal nur geköpft! Aber wehe wenn!
Cromwell: Auf dem kannst du echt Holz hacken.
Suffolk: Auf mir auch.
Cromwell: Bei dir hat man das Gefühl, wenn du nur könntest … Bei dem hat man das Gefühl, der ist ein Vollpfosten …
Suffolk: Ich bin auch ein Vollpfosten.
Cromwell: … und er war schon immer ein Vollpfosten …
Suffolk: Ich bin –
Cromwell: … und wird auch immer ein Vollpfosten bleiben …
Suffolk: Ich bin –
Cromwell: Das hast du doch auch schon gesagt, Henry: Vollpfosten gehören gar net an den Hof, die sollen daheim bleiben und ihre Bauern … ähm … betreuen.
Henry: Ja, ja.
Cromwell: Bei ihrer Scholle sollen die bleiben.
Henry: Das ist den meisten zu langweilig.
Cromwell: Am Hof ist es wenigstens gefährlich. Da kann ich ein Lied von singen.
Henry: Ja, ja. Sing nur.
Suffolk (singt): Ja so war’n, ja so war’n, ja so war’n die alten Rittersleut.
Uhr schlägt dreizehn Mal.
Suffolk: Meine Frau ist viel zu gut für mich. Findet ihr nicht auch?
Stille.
Suffolk: Findet ihr nicht auch?
Henry: Find ich auch.
Cromwell: Lord Suffolk, du bist einfach unbelehrbar. Du hättest nicht an den Hof zurückgehen sollen.
Suffolk: Ja, aber da gibt’s viele schöne Frauen.
Henry: Genau!
Cromwell: Und viele schöne Männer.
Henry ist entsetzt.
Suffolk: Das interessiert mich nicht mehr. Das interessiert vielleicht dich.
Cromwell (steht auf und fängt an, das Zimmer aufzuräumen): Wes ist dieses Säckchen?
Henry: Das ist mir!
Cromwell: Nein, das ist meins!
Henry: Hallo, das ist mir!
(Cromwell macht sich mit Säckchen davon)
Henry: Mann, jetzt sind alle weggegangen.
Suffolk: Ich bin doch da.
(Suffolk kriegt einen Hustenanfall)
Suffolk: Ich muss aufhören zu rauchen. Saff-fulk. Saff-foook. Wie viel Uhr ist es eigentlich?
Henry: Ähm … (äußerste Konzentration) Fünf nach … ähm … nach dreizehn.
Suffolk: Oh.
(Suffolk setzt sich ans Klavier. Er spielt eine wunderschöne Ballade, Henry tanzt dazu.)
Suffolk: Scheiße! Fehler!
Henry (hüpft und schwingt sein schlimmes Bein) Au-a, au-a, au-a …
Suffolk: Könnte besser sein.
(Cromwell räumt im Hintergrund die Wohnung auf. Suffolk übt ständig die gleichen drei Töne.)
Henry: Da da da di, da da da di! Da da da! Au-a!
Suffolk: Mist! Wieder verspielt.
Henry: So und jetzt das Lied mit dem Muffin!
Suffolk: Och! Auch noch Ansprüche stellen!
Cromwell: Ruhe! Ich muss jetzt drei Akten abschreiben und siegeln.
(Suffolk spielt das Lied mit dem Muffin, Henry tanzt dazu. Cromwell schreibt.)
Henry (singt): Henry, der Muffin! Henry, der Muffin!
Cromwell: Wo ist dat Siegel??
Henry: Was weiß ich? Du bist doch der Lordzw… äh Siegelbewahrer.
Suffolk: Hääääääää?
Henry: Bisschen flüssiger!
Suffolk: RUHE! Ich meine, äh, ja, ich geb mir Mühe.
Cromwell: (Kopfstimme) Zwiebel, Siegel! Siegel, Zwiebel! Da, da! (Er fächelt sich mit einem Fächer elegant Luft zu)
(Henry dreht sich tanzend im Kreis)
Henry: Henry, der Muffin! Muffin!
Ann Boleyn (zur Tür herein): Was’n hier los?

Blubbern als Kunst!

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